Politisches Umfeld

Der Gesellschaft ist Taubblindheit immer noch weitgehend unbekannt. Wir wissen nicht, wie viele es sind und wo oder wie sie leben. Dies erklärt die so ungenauen Zahlen von 2.500 bis 10.000 taubblinden Menschen, die in den Studien auftauchen. Taubblinde und hörsehbehinderte Menschen fallen weitgehend durch die Maschen unseres Sozialnetzes. Der Weg zu Beratungsstellen, zu Leistungen und zu Teilhabe ist schwer. Die Folge ist, dass viele betroffene Menschen ohne Beratung, ohne Hilfsmittel, ohne Assistenz und ohne Rehabilitationsmaßnahmen im Umgang mit der Behinderung leben. Ohne diese Hilfen sind ein selbstbestimmtes Leben und die Teilhabe an der Gesellschaft im Sinne der UN-Konvention nicht möglich.

Ohne Beratung ist es für Betroffene und Angehörige sehr schwer, Leistungen zu erhalten. Beratungsstellen gibt es sehr wenige. Neben Beratung, Schulung und konkreten Hilfsmitteln wird geschulte Assistenz benötigt, um taubblinden Menschen die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Die Ausbildung von Taubblindenassistenz (TBA) und spezifischen Taubblindendolmetschern (Lormen oder taktiles Gebärden) steht noch am Anfang. Berufsbilder fehlen noch. Benötigt werden außerdem Rehabilitationslehrer mit besonderer Qualifikation, z.B. im Bereich taktiler Kommunikationsformen und Dolmetscher für taktile Kommunikationsformen.

Die Europäische Union hat bereits 2004 alle Mitgliedstaaten aufgefordert, die Rechte taubblinder Menschen anzuerkennen. Viele Aktivitäten der Betroffenen und Ihrer Verbände haben immer wieder auf den Missstand aufmerksam gemacht.

Am 16.12.2016 wurde im Bundesrat das neue Bundesteilhabegesetz und damit auch das Merkzeichen Tbl beschlossen. Ein erster wichtiger Schritt ist getan. Im Rahmen der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung EUTB gehen in 2018 außerdem einige spezifische Beratungsstellen für taubblinde Menschen an den Start. Damit ist eine weitere Grundlage für Verbesserungen geschaffen.

Nachteilsausgleiche für taubblinde Menschen fehlen leider noch. Sie müssen noch geschaffen werden. In Fachgesprächen zu "Taubblindheit" bemüht sich das Bundesministerium für Arbeit uns Soziales, die Unterstützung taubblinder und hörsehbehinderter Menschen voran zu bringen. Im Rahmen der Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung werden auch taubblindenspezifische Beratungsstellen gefördert. In NRW finanziert das Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Soziales ein Kompetenzzentrum für Menschen mit Sinnesbehinderung (Essen). Dort gibt es eine Fachstelle Taubblindheit. Dies sind Fortschritte. Es gilt, die Beratungsangebote weiter zu stärken, taubblinde Menschen zu erreichen, erforderliche Unterstützungsleistungen barrierefrei zugänglich zu machen und Angebote für Ausbildung, Beruf und Wohnen zu gestalten.